Es besteht wohl kein Zweifel mehr am Nutzen und der Notwendigkeit des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM); längst hat es sich auch bei den meisten KMU durchgesetzt. Doch eben noch lange nicht bei allen. Was es bringt und wie ein KMU es umsetzen kann, skizziere ich hier, um auch die zu ermutigen, die glauben, dass sie als KMU das nicht schaffen.

Unternehmen unternehmen Gesundheit

So betitelt das Bundesgesundheitsministerium seine Kampagne zur Betrieblichen Gesundheitsförderung. Das umschreibt – abseits von allen Theorien und Konzepten – was Gesundheitsmanagement im Unternehmen umfasst. Nämlich alles, was die Gesundheit der Mitarbeiter erhält und fördert, was die Kosten für Krankheitsfehltage senkt und chronische Erkrankungen vermeidet.

Die meisten Unternehmen haben längst verstanden, dass sie nur profitieren können, wenn sie in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter investieren. Leider sind es aber vor allem die KMU, die laut Gesundheitsministerium ihre „…Möglichkeiten der betrieblichen Gesundheitsförderung noch nicht ausreichend nutzen. Der Grund ist ebenso einfach wie nachvollziehbar. Sie haben oft nur wenig Mitarbeiter und einen begrenzten Gestaltungsspielraum.“ Ich möchte dies so nicht gelten lassen. Wie auch mit wenigen Mitarbeitern und geringen finanziellen oder technischen Mittel sinnstiftendes, strategisches BGM gelingen kann, möchte ich hier und in weiteren Blogbeiträgen zeigen.

Vorteile des Betrieblichen Gesundheitsmanagements

Natürlich investiert ein Unternehmen nur dann in das betriebliche Gesundheitsmanagement, wenn es sich davon Vorteile verspricht. Inzwischen wissen Unternehmen, dass nachhaltige Umsetzung gesundheitsfördernder Maßnahmen eine ganze Reihe positiver Effekte für sie bringt.

Vorteile für das KMU durch BGM

  • Kostensenkung durch Reduktion von Krankheits- und Produktionsausfällen
  • Förderung der Leistungsfähigkeit; Steigerung der Produktivität und Arbeitsqualität
  • Steigerung der Motivation und Stärkung der Identifikation mit dem Unternehmen
  • Imageverbesserung des Unternehmens im Employer Branding, dadurch Vorteile im „War for Talents“ und geringere Fluktuation

Vorteile für die MitarbeiterInnen durch BGM

  • Allgemeine Verbesserung der gesundheitlichen Bedingungen im Unternehmen

  • Verminderung gesundheitlicher Risiken sowie (Arbeits-)Belastungen

  • Reduktion von gesundheitlichen Beschwerden und Verbesserung des Gesundheitszustandes

  • Verbesserung des Wohlbefindens und der Lebensqualität

  • Erhaltung/Zunahme der eigenen Leistungsfähigkeit

  • Partizipation in der Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs

  • Steigerung der Arbeitszufriedenheit und Verbesserung des Betriebsklimas

    Eine Büroapotheke kann Bestandteil des BGM sein

Was ist Betriebliches Gesundheitsmanagement?

Definitionen gibt es genug. Meiner Meinung nach kann man damit, wie bereits dargelegt, alles umschreiben, was der Gesundheit der Mitarbeiter zuträglich und Krankheiten abträglich ist. Dies sind sowohl alle Maßnahmen, die gesundheitsgerechte Rahmenbedingungen an den Arbeitsplätzen schaffen, als auch solche, die die Mitarbeiter dazu animieren, sich gesundheitsförderlich zu verhalten. Im Betrieblichen Gesundheitsmanagement sollte dies zwar strukturiert und systematisch geplant sowie durchgeführt werden. Bevor man aber vor zu viel Strategie und Planung zurückschreckt, sollte man einfach mit einzelnen, leicht umsetzbaren Maßnahmen beginnen (was man landläufig als Betriebliche Gesundheitsförderung bezeichnet). Anschließend kann man immernoch eine strategische Zielsetzung und strukturierte Bestandsaufnahme vornehmen, aufgrund derer dann zielgerichtete und vernetzte Maßnahmen (weiter-) entwickelt und umgesetzt werden können.

Die folgende Grafik gibt einen schönen Überblick, welche Unternehmens- und Führungsaufgaben beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement zum Tragen kommen.

Abbildung: Bereiche des betrieblichen Gesundheitsmanagements

Quelle: Gesundes KMU modifiziert nach BKK (Hg.): Auf dem Weg zum gesunden Unternehmen. Argumente und Tipps für ein modernes betriebliches Gesundheitsmanagement (2004).

Dabei wird auch deutlich, worin der begriffliche Unterschied zwischen Betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) und Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) besteht.   Betriebliche Gesundheitsförderung (gesundheitsfördernde Einzelmaßnahmen wie Rückenschule, Entspannungskurse und gesunde Ernährung etc.) ist nämlich essentieller Bestandteil des BGM, aber dieses geht darüber hinaus und bezieht diverse Managementinstrumente ein, die nachhaltige Prozesse und Strukturen zur Förderung von Gesundheit im Betrieb sichern sollen.

Grundsätzlichen Aufgabenfelder des BGM sind

  • Personalmanagement (Personalstrategie, Personal- und Organisationsentwicklung = POE): Hier sollen die Rahmenbedingungen für eine gesunde Arbeitsumgebung sowie -atmosphäre geschaffen werden

  • Berufliches Eingliederungsmanagement (BEM): chronisch kranke Mitarbeiter werden (re-)integriert. Somit werden lange Fehlzeiten und Arbeitsunfähigkeit möglichst vermieden

  • Arbeits- und Gesundheitsschutz (AS): Hier sollen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vermieden werden
  • Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF): Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit der Mitarbeitenden (Verhaltens- und Verhältnisprävention)

Alle Maßnahmen zu BGM müssen langfristig angelegt werden und in der strategischen Unternehmenspolitik verankert sein. Darüber hinaus ist das BGM als kontinuierliches Projekt anzugehen, so dass Maßnahmen permanent bezüglich ihrer Effektivität und Effizienz überprüft und den Bedürfnissen des KMU sowie der Beschäftigten angepasst werden.

Das Projektteam BGM setzt sich aus unterschiedlichen Unternehmensmitgliedern zusammen

Bestandsaufnahme

Entschließt sich ein KMU, sich um das BGM zu bemühen, lohnt sich zunächst eine grundlegende „Konzeptionseinheit“. Dazu ruft man ein kleines Team zusammen, um eine Bestandsaufnahme vorzunehmen, grundsätzliche Fragen zu klären und die ersten Schritte zu planen.

Das Gesundheitsteam

Das Team in Großunternehmen setzt sich zusammen aus Geschäftsführung, Personalabteilung, Betriebsrat,  Beschäftigten, Betriebsärzten, Sozialberatern und anderen Betriebsangehörige. In einem KMU schrumpft das Team naturgemäß, es sollten aber mindestens Vertreter von Geschäftsführung und Arbeitnehmern zusammen beraten. Vielleicht finden sich auch befreundete Unternehmen in räumlicher Nähe mit denen das Thema gemeinsam angegangen werden könnte. Nur ressortübergreifend kann BGM als funktionierendes System etabliert und die einzelnen Aufgaben vernetzt vollzogen werden. Deshalb ist auch die Einbindung der Mitarbeiter von größter Bedeutung.

Grundsätzliche Fragen

In der ersten Bestandsaufnahme sollten unbedingt folgende Fragen geklärt werden:

Welche Maßnahmen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement gibt es bereits

In jedem Unternehmen gibt es bereits Maßnahmen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Zumindest der Arbeitsschutz wird in den allermeisten Betrieben konsequent umgesetzt. Vielleicht wurde darüber hinaus auf eine ergonomische Einrichtung der Arbeitsplätze geachtet, es gab schon Seminare oder einzelne Gesundheitstage oder am Empfang gibt es einen Obstkorb, aus dem sich jeder bedienen darf. Meiner Erfahrung nach sind sich viele Unternehmen der bisherigen Bemühungen nicht bewußt. Deshalb lohnt es sich, hier eine Bestandsaufnahme zu machen und diese als Basis für das weitere Vorgehen zu nutzen.

Welche Kennzahlen braucht/ hat das Unternehmen, um die Effektivität der Maßnahmen zu evaluieren

Betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein langfristiges Projekt. Schnelle Erfolge sind weder zu erwarten, noch zielführend. Trotzdem oder gerade deshalb müssen alle Maßnahmen des BGM regelmäßig bezüglich ihrer Effektivität und Effizienz überprüft werden. Die dafür notwendigen Kennzahlen (Fehlzeiten, Krankentage, Fluktuation, Zufriedenheit der Mitarbeiter….) können am besten von vornherein definiert werden, so dass auch langristig ein Erfolg zu erkennen ist.

Welche finanziellen und personellen Ressourcen kann das KMU für das BGM zur Verfügung stellen

Diese Entscheidung muss von der Geschäftsführung getroffen und klar kommuniziert werden. Auch wenn nur geringe Mittel zur Verfügung gestellt werden, müssen diese klar und eindeutig freigegeben werden. Sie stellen die Basis für das Konzept des Projektteams zum BGM dar.  Ganz ohne Investition wird es wahrscheinlich nicht gehen.

Welche Ressourcen existieren im Unternehmen

Kosten lassen sich am besten sparen, indem vorhandene Ressourcen aus dem Unternehmen genutzt werden. In vielen Firmen gibt es Mitarbeiter, die sich in ihrer Freizeit in einem Sportverein engagieren, Yogakurse geben oder sich ansonsten für ihre Gesundheit aktiv engagieren. Diese Kollegen sollten auf jeden Fall in den Prozess mit einbezogen werden. Meist fühlen sich die Mitarbeiter dadurch sehr wertgeschätzt und sind gerne bereit, sich auch innerhalb des KMU zu engagieren oder aber sie können innerhalb ihres Netzwerks Kontakte vermitteln.

Welche Ressourcen von außen können genutzt werden

Erste Ansprechpartner können die gesetzlichen Krankenkassen sein, z.B. bei der viele der MitarbeiterInnen versichert sind. Sie verfügen über das nötige Wissen und können Betriebe im Prozess des BGM unterstützen. Krankenkassen finanzieren viele Leistungen zum BGM (s.u. rechtliche Rahmenbedingungen) und haben Experten, die fundiert beraten können. Zusätzliche kostengünstige (wenn nicht kostenlose) Unterstützung bieten Berufsgenossenschaften, gemeinnützige Vereine, Gesundheitsämter und Freiberufler. Auch Fitnessstudios und Gesundheitspraxen können hilfreiche Partner sein.

Wie werden die Bemühungen um das BGM kommuniziert

Last but not least sollten die Investitionen in das BGM auch an die Mitarbeiter kommuniziert werden. Da es dafür natürlich viele Möglichkeiten gibt, wäre eine allgemeine Empfehlung müsig. Ob Broschüre, Kick-Off-Workshop, soziale Medien oder sonstige Kanäle –  diese Chance zur Selbstpräsentation sollte das KMU auf jeden Fall nutzen.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Im Arbeitsschutzgesetz  (ArbSchG, ASiG) ist geregelt, dass der Arbeitgeber die Hauptverantwortung für die Umsetzung aller notwendigen Maßnahmen hinsichtlich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes trägt.

Seit 2004 ist darüber hinaus jeder Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 SGB IX dazu verpflichtet, Maßnahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements durchzuführen.

Die Betriebliche Gesundheitsförderung ist im Gegensatz zum Arbeitsschutz eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers.

Gemäß §65a Absatz 2 SGB V kann die Krankenkasse in ihrer Satzung vorsehen, dass bei „Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durch Arbeitgeber sowohl der Arbeitgeber als auch die teilnehmenden Versicherten einen Bonus erhalten“.

Hilfreiche Links zum Thema

Auf der Suche nach hilfreichen Seiten im Internet stößt man auf unzählige Angebote. Daher stellt auch diese Linksammlung lediglich einen groben Überblick, weder vollständig noch umfassend.

Was immer ein KMU in sein BGM investiert, es sollte nicht vergessen werden, dass ein ganzheitliches Konzept auch in großen Unternehmen nicht von heute auf morgen entsteht. Und in KMU schon gar nicht. Daher lohnen sich Geduld und Beharrlichkeit.

Mich interessiert, welche Erfahrungen Du in Deinem Unternehmen gemacht hast mit BGM. Kommentiere hier oder schreibe mir unter susanne.hencke@hrkreativ.com