Viele BoGy-Praktikanten waren gerade wieder in den Firmen unterwegs, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Das BoGy-Praktikum ist ein einwöchiges Berufsorientierungspraktikum an Gymnasien, bei dem Schüler der 9. oder 10. Klasse Einblick in ein Unternehmen erhalten. Es ist ein fester Bestandteil der Schullaufbahn eines jeden Gymnasiasten in Baden-Württemberg.
In anderen Bundesländern gibt es andere Formen, darüber hinaus leisten viele Schüler freiwillige Praktika, um praktische Erfahrungen zu sammeln.

Viele Unternehmen fragen sich, warum sie sich darauf einlassen sollten. Die Schüler absolvieren meist nur kurze Praktika, während derer sie mindestens eine halbe Arbeitskraft absorbieren, ohne zur Produktivität des Unternehmens etwas beisteuern zu können. Der Nutzen rechtfertigt den vergleichsweise hohen Aufwand trotzdem.

– von Susanne Hencke – Dieser Beitrag erschien in ähnlicher Form am 25.03.2015 auf dem Convensis Blog

Meist kommen die Schüler in einer beruflichen Orientierungsphase in der 9.-10. Klasse.  Sie sind mitten in ihrer – beruflichen – Entwicklung  und sehr unterschiedlich unterwegs. Manche schüchtern und noch recht unerfahren, andere selbstbewußt und pragmatisch. In der Regel sind sie aber durchweg sehr interessiert und neugierig, fragen viel und wollen sich ausprobieren.

Klar überwiegt der Nutzen für die Praktikanten. Sie können Wissen sammeln, das ihnen für später nützlich sein kann. Viele Schülerpraktikanten melden zurück, dass sie durch ein Praktikum einen guten Einblick in ein Berufsfeld erhalten und sich praktisch ausprobieren konnten.

Doch worin liegt der Nutzen für die Unternehmen? Sie betreuen i.d.R. recht aufwendig den Praktikanten, bieten umfassende Einblicke. Doch bevor der Praktikant eingesetzt werden kann, ist er schon wieder an die Schule zurückgekehrt.

Trotzdem glaube ich, dass sich der Einsatz – gerade – für KMU lohnt.

Schülerpraktikanten schauen ganz genau hin

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Der unverstellte Blick von außen

Durch ihre Neugierde und die vielen Fragen, die in der Regel während des (Kurzzeit-)Praktikums aufkommen, führen die Praktikanten, wenn es gut läuft, die Unternehmen zurück auf die Kernfragen. Warum tun sie das, was sie tun? Was können sie besser, als andere? Welche Aufgaben hat die Abteilung, die andere Abteilungen nicht erledigen könnten. Und warum tun sie dies genau so, wie sie es tun?

Gerade weil sie nicht strategisch vorgehen, manchmal sogar ein wenig naiv und vorlaut, können sie Prozessabläufe spiegeln und hinterfragen, zuweilen sogar „blinde Flecken“ aufzeigen. Mit Neugierde und Unvoreingenommenheit decken sie Betriebsblindheit auf und fordern die Unternehmen, Prozesse zu überdenken.

Welcher Weg ist der richtige? Praktische Erfahrungen erleichtern die Entscheidung für den richtigen Karriereweg

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Wohlüberlegte Entscheidung für den Karriereweg

Bei den unzähligen Möglichkeiten, die einem Schüler nach dem Abitur offen stehen, ist frühe Praxiserfahrung hilfreich, um sich über den weiteren Ausbildungsweg Gedanken machen zu können. Viele stellen sich die Frage, was besser für sie geeignet ist – das Studium an einer Uni, einer Fachhochschule oder doch lieber dual? Muss man überhaupt studieren oder soll es eine klassische Ausbildung sein?

Für Unternehmen kann es vorteilhaft sein, einen Auszubildenden zu fördern, der von vornherein weiß, dass ein Studium ihn nicht weiterbringen wird. Die Abrecherquote kann so gering gehalten werden, oder aber das Invest sich langfristig lohnen, wenn ein Absolvent durch ein Studium hindurch gefördert und danach fest eingeplant werden kann.

High-Potentials direkt binden

Vielen Schülern kann das Praktikum bereits den Einstieg in das spätere Berufsleben  ebnen. KMU können hier schon eine Beziehung aufbauen, die vielleicht später in ein Traineeship oder eine Ausbildung mündet. Kluge KMU bemühen sich, den Kontakt auch langfristig zu halten, denn der Schülerpraktikant von heute kommt morgen vielleicht als Fachkräfte zurück. Deshalb investieren sie die Zeit und bieten den Schülern einen möglichst umfassenden Einblick. Und häufig auch eine gemeinsame Perspektive. So können KMU den Praktikanten, die sich während des Praktikums bewiesen hatten, Ferienjobs anbieten oder direkt eine Ausbildungsstelle. Studierwilligen wird ein duales Studium angeboten oder eine Förderung während des Studiums (z.B. in Form einer Werksttätigkeit). Damit entfallen Stellenausschreibungen,  Bewerbungssichtungen, aufwendige Auswahlverfahren etc. Das heißt, Unternehmen sparen nicht nur Zeit bei der Auswahl zukünftigen Personals, sondern auch bares Geld. Zusätzlich erweisen sich frühzeitig geförderte Mitarbeiter meist als loyal.

Schülerpraktikanten erzählen ihre Erfahrungen weiter und werden so zu Botschaftern des KMU

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Praktikanten als Botschafter des Unternehmens

Doch selbst wenn der Praktikant selbst nicht infrage kommen sollte, kann er trotzdem als Botschafter des Unternehmens fungieren und andere geeignete Bewerber in seinem Umfeld „rekrutieren“. Selbstverständlich tauschen sich die Schüler aus. Und bekanntermaßen sind persönliche Empfehlungen immer glaubwürdiger als Eigenwerbung. Deshalb kann ein positiver Eindruck eines (ungeeigneten) Schülers andere, interessante Bewerber nach sich ziehen.

Naive Kreativität

Darüber hinaus bringen Schülerpraktikanten häufig einen unverbrauchten, frischen Esprit mit. Sie sind noch nicht durch die Mühlen des kreativen Prozesses zerrieben, von den Zweiflern und Kritikern in Unternehmen abgeschreckt. Ihre Kreativität ist noch „wild und ungestüm“. Deshalb haben Schülerpraktikanten manchmal Ideen, auf die ein „alter Hase“ aufgrund seiner Erfahrung nicht gekommen wäre. Nicht alle dieser Ideen sind natürlich umsetzbar. Doch sie zeigen häufig einen Weg zu neuen Ideen und spiegeln dem KMU sogar das Denken und Vorgehen einer jungen Zielgruppe wider.

Fazit

Scheinbar überwiegt der Nutzen für Schülerpraktikanten in KMU. Tatsächlich aber kann ein positiver Verlauf eines Praktikums auch dem KMU langfristig nutzen. Denn die Frische der Praktikanten bringt neue Ideen ein und weckt müde Geister. Andererseits können die KMU den Praktikanten auch langfristig zum Botschafter des eigenen Unternehmens machen.

Wenn Du andere Erfahrungen mit Schülerpraktikanten gemacht hast, lass mich dies gerne im Kommentarfeld oder unter susanne.hencke@hrkreativ.com wissen, um meinen Erfahrungsshorizont zu erweitern.