23.März 2017, 9:00. Eine Reihe mir mehr oder weniger bekannter Gesichter finden sich auf der Fachtagung Nachwuchssicherung durch moderne Ausbildungsmodelle im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart ein.

Egal ob Unternehmer, Multiplikator oder insitutionelle Vertreter (Bildungseinrichtung, Agentur für Arbeit, Netzwerker..); die Anwensenden treibt das Thema um, auch zukünftig qualifiziertes Personal zu finden für eine Ausbildung und es danach auch ans Unternehmen zu binden. Bei der Tagung sollten Ausbildungsmodelle vorgestellt werden, die ungewöhnliche Wege gehen. Frau Prof. Dr. Greif, Insitut für Pesonalmanagement an der Fachhochschule Nordwestschweiz hält einen packenden Vortrag über lebensphasenorientierte Personalentwicklung

Frau Prof. Dr. Greif, Insitut für Pesonalmanagement an der Fachhochschule Nordwestschweiz

Impuls lebensphasenorientierte Personalentwicklung

Auch ich war gekommen, um mich inspirieren zu lassen, Neues zu erfahren und aus der Praxis zu lernen.
Im besonderen Maße erfüllte diese Hoffnung der Vortrag von Frau Prof. Dr. Graf. Sie referierte äußerst packend über lebensphasenorientierte Personalpolitik.

Zusammenfassend plädierte Frau Prof. Dr. Graf sehr leidenschaftlich dafür, den Mitarbeiter bei der Planung von Stellenbesetzungen und Personalentwicklung auch über seine verschiedenen Lebensphasen (biosozialer, familiärer, beruflicher, betrieblicher und stellenbezogener Lebenszyklus) hinweg in den Mittelpunkt zu stellen. Besonders in den Übergängen von einem zum nächsten Zyklus scheint es wichtig, den Mitarbeiter mit  Kooperation und Unterstützung zu begleiten. Ihn vor den bei den meisten Arbeitnehmern irgendwann in der Berufslaufbahn eintretenden Sättigungsphase aufzufangen und ihm motivierende Alternativen zu beiten scheint mir die Königsdisziplin der Zukunft zu werden. Denn damit können Fluktuation und Wissensverlust aufgefangen und nicht nur die Belegschaft, sondern ebenso das Klima im Unternehmen stabilisiert werden sowie nachhaltiger Erfolg, der auf Erfahrung fußt.

Dazu in einem weiteren Blogbeitrag mehr.

Best-Practice-Beispiele auf der Fachtagung

Best-Practice Beispiele auf dem Podium

Best Practice aus Unternehmen der Region Stuttgart

Darüber hinaus stellten sich drei spannende Projekte zur Ausbildungssicherung aus der Region den Fragen des Plenums und der Moderatorin Christine Ehrhardt, Leiterin Kompetenzzentrum Arbeit des Statistischen Landesamtes BW.

1. Neue Arbeit gGmbH Alba Dilia Lopez Arboleda, Absolventin der „Stufenweise Qualifizierung“ zum Berufsabschluss Maschinen- und Anlagenführerin

Frau Lopez Arboleda ist (geschätzt) Anfang 40, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und schon immer in der Fertigung tätig. Dann bekommt sie die Chance, sich über die Neue Arbeit gGmbH als Maschinen- und Anlagenführerin zu qualifizieren. Dies brächte ihr nicht nur mehr Lohn, sondern soll ihren Arbeitsplatz sichern, wenn Ungelernte weniger gebraucht werden. Soweit die Fakten.

Und dann erzählt Frau Lopez Arboleda selbst von dieser Ausbildung. Ein Feuerwerk bricht los, ihre Energie und ihr Feuer gehen sofort auf das Publikum über. Gebannt hört man ihr zu und geht mit, wenn sie davon erzählt, wie sie nicht nur alleinerziehend ihren Alltag bewältigt , sondern auch als Beste die Ausbildung abgeschlossen hat. Und dabei war sie schneller als alle anderen. WOW. Man ist begeistert.

Dass man ihr baldmöglichst eine Stelle wünschen muss, weil sie bisher noch keine gefunden hat, ist eigentlich ein Skandal, denn sie ist bis unter die Haarwurzeln hoch motiviert. Wahrscheinlich schrecken die Arbeitgeber vor ihren Sprachlücken zurück. Doch wer so eine Ausbildung schafft, der kommt auch im Job zurecht!

2. Breuninger GmbH&Co., Sinta Sun und Elga Alves, Auszubildende für Büromanagment

Im zweiten Vortrag schildert Frau Sun, Personalentwicklerin bei Breuninger GmbH&Co, die anhaltenden Schwierigkeiten,qualifizierte Auszubildende zu finden, die „in einem Klamottenladen“ ihre kaufmännische Ausbildung machen wollen (das kann ich mir zwar bei Breuninger nicht vorstellen, aber….) und vor allem diese auch langfristig an das Unternehmen zu binden. Meist wurde wohl die Erfahrung gemacht, dass die ausgelernten Bürofachkräfte ein Studium anstrebten. Schon länger befand sich die Personalabteilung in der strategischen Überlegung, wie diesem Umstand beizukommen sei.

Und so nutzte man die Chance gerne, als sich eine junge Mutter auf einen Ausbildungsplatz bewarb. Man versprach sich von ihrer Einstellung nicht nur eine hohe Motivation und gute organisatorische Fähigkeiten, sondern auch Loyalität und Kontinuität.
Offensichtlich zu recht, denn inzwischen ist das „Ausbildungsmodell Junge Mütter“ sehr erfolgreich und mehrfach wiederholt worden.

Man hat sogar so gute Erfahrungen gemacht, dass man jüngst einer Auszubildenden die Teilzeitausbildung ermöglichte, um die Anstrengungen der Mutterrolle mit denen der Ausbildung koordinieren zu können. Auch das wird sich in der Zukunft für andere Auszubildende etablieren, da ist sich Frau Sun sicher.

Auch ich kann dieses Modell aus meiner Erfahrung bei Convensis nur bestätigen. Über mehrere Ausbildungsjahre hinweg wurden konsequent junge Mütter bevorzugt eingestellt und ausgebildet. Mit sehr guten Erfolg und langjähriger Verbundenheit.

3. Robert Bosch GmbH Bühl, Elke Seifried zur Nachqualifizierung angelernter Mitarbeiter

Einen ganz anderen Ansatz verfolgte die Robert Bosch GmbH in Bühl. Dort steigt, wie überall, der Bedarf an qualifizierten Arbeitnehmern. In Bühl arbeiten dagegen über die Hälfte der Mitarbeiter in der Produktion in angelernten Aufgaben. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeit würden diese Stellen weniger und die ungelernten Mitarbeiter überflüssig werden. Da die Mehrheit der Belegschaft aber schon seit Jahrzehnten für die Robert Bosch GmbH arbeitet, möchte man sie auch weiterhin beschäftigen.

Aus der Not machte man daher bei Bosch eine Tugend. Man verknüpfte beide Umstände und entschloss sich, angelernte Mitarbeiter für die benötigten Fachaufgaben nachzuqualifizieren.

Zeitschiene der Nachqualifiezierung angelernter Mitarbeiter bei der Robert Bosch GmbH.

Frau Seifried schilderte den langen Weg, den sie in der Personalentwicklung mit den verschiedenen Stellen und Behörden gehen mussten, bis das Pilotprojekt umgesetzt werden konnte. Sowohl der Umfang (verkürzte Ausbildung), als auch die Bezahlung mussten extra verhandelt werden. Auch durchliefen die Beteiligten eine Seminarreihe, die sie auf die kommende Ausbildung vorbereiten sollte (Lernen lernen etc. ). Die „Auszubildenden“ sind nun an der Hälfte ihrer Qualifizierung.

Und bisher sind alle an dem Projekt Beteiligten stolz, den langen Atem behalten  und somit 18 Mitarbeitern eine qualifizierte Zukunft gesichert zu haben.

Fazit

Nicht alle der angeregten Maßnahmen sind für KMU wirklich umsetzbar. Doch wie immer stecken in den Vorträgen viele Ideen, die sich sehr gut auf kleine Unternehmen adaptieren lassen. Das Ausbildungsprojekt mit jungen Müttern und die Einstellung älterer, nachqualifierter Bewerber beispielsweise. Aber auch viele der Anregungen Frau Prof. Dr. Grafs sind hilfreich, um Auszubildende für sich zu begeistern und zu binden. Darüber hinaus fanden sich auch für bestehendes Personal Maßnahmen, die ich in einem weiteren Blogbeitrag zur lebensphasenorientierten Personalentwicklung vorstellen möchte.

Hast Du noch weitere Anmerkungen oder Erfahrungen zu der Fachtagung oder möchtest mit mir über meine Erfahrungen diskutieren, dann kommentiere hier oder schreibe mir unter susanne.hencke@hrkreativ.com

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