Immer wieder begegnen mir in meinem beruflichen Alltag Menschen, die zunehmend unmotiviert ihren Aufgaben nachgehen, weil sie sich und ihre Leistungen nicht ausreichend gewertschätzt fühlen. Konfrontiere ich daraufhin die Führungskräfte mit diesem „Vorwurf“, sind sie ganz häufig total überrascht. Denn sie meinen, in Feedbackgesprächen und auch im Alltag, ihre Wertschätzung vollständig und allumfassend zum Ausdruck zu bringen. Woher rührt diese Diskrepanz?

Net gschumpfen ist globt gnug

Man kann getrost sowohl den Mitarbeitern, als auch den Führungskräften glauben. Gerade junge Führungskräfte geben sich enorm Mühe, ihren Mitarbeitern in kurzen Feedbackschleifen ein wertschätzendes, konstruktives Feedback zu geben. Sie haben erkannt, dass  sich Motivation und Zufriedenheit im Berufsalltag entscheidend von der Rückmeldung des Vorgesetzten ableiten. Und auch erfahrene Führungskräfte erkannten längst, dass „nicht geschimpft“ eben nicht „gelobt genug“ ist.

Dabei scheint es so einfach, Mitarbeitern zu verstehen zu geben, dass man ihre Arbeit schätzt. Für manch eine Führungskraft ist es das möglicherweise auch.
Trotzdem gibt es das gefühlte Loch der Wertschätzung bei vielen Mitarbeitern. Wie kann das sein?

Möglicherweise liegt das an der Art und Weise, wie Anerkennung gezeigt wird?!

Authentizität und Bedeutsamkeit

Eine allgemein formulierte Lobpreisung an alle Mitarbeiter wirkt in der Regel ebensowenig motivierend, wie strukturell verordnete Anerkennung (á la: jeden Mitarbeiter mindestens einmal pro Monat loben, liebe Führungskraft). In allererster Linie muss Wertschätzung einmal authentisch sein. Ein Mitarbeiter bemerkt, wie erst und aufrecht eine Rückmeldung gegeben wird. Auf der anderen Seite, muss sie beim MItarbeiter auch ankommen.

Zwei Aspekte sind dafür wichtig, ob ein Mitarbeiter die Anerkennung überhaupt als solche wahrnimmt: er muss die Art und Weise, wie sie geäußert wird, verstehen und die Art der Wertschätzung muss für ihn bedeutsam, wichtig sein.

Verschiedene Wahrnehmung und Sprachen

Wir kennen das bereits aus dem NLP  der 90er-Jahre: Nicht jeder Mensch nimmt gleich stark über den gleichen Sinneskanal wahr. Hier unterscheidet man v.a. den visuellen, auditiven und kinästhetischen Wahrnehmungstypen. Will man jemanden besonders gut „erreichen“, sollte man also den von dieser Person besonders genutzten Wahrnehmungskanal bedienen.

Es passt in unser heutiges Bild der totalen Individualisierung, dass auch Anerkennung am Arbeitsplatz nicht gießkannengleich auf alle verteilt werden kann.

Genau wie in den verschiedenen Wahrnehmungspräferenzen, gibt es verschiedene „Kanäle“, über die man Wertschätzung suchen bzw. zeigen kann. Sie werden als Sprachen bezeichnet. Als ambitionierte, moderne Führungskraft, sollte man diese Sprachen bei den Mitarbeitern nicht nur erkennen, sondern auch „sprechen“, also bedienen können.

Der Psychologe Gary Chapman beschrieb in seinem Buch „Die 5 Sprachen der Liebe“ zum ersten Mal von verschiedenen Möglichkeiten, Liebe auszudrücken, um sie genau auf die Art und Weise zu äußern, auf die das Gegenüber sie auch verstehen kann.

Dieses Konzept lässt sich problemlos auch auf die Anerkennung der Mitarbeiter übertragen. So gibt es inzwischen bereits das entsprechende Buch.

        Die 5 Sprachen der Liebe als Grundlage der Wertschätzung der Mitarbeiter    Führungskräfte sollten die Empfangssprache der Mitarbeiter beachten, wenn sie Wertschätzung zeigen

Auf die verschiedenen Arten, wie Anerkennung und Wertschätzung zum Ausdruck gebracht werden können, gehe ich in extra Beiträgen ein. Hier nur eine kurze Übersicht der Sprachen der Wertschätzung

Die Sprachen der Wertschätzung

1. Lob und Komplimente

2. Ungeteilte Aufmerksamkeit und tiefe Gespräche

3. Geschenke, die von Herzen kommen

4. Hilfsbereitschaft und Unterstützung

5. Körperlicher Kontakt

6. Vertrauen und Zutrauen

Die Führungskraft als Tankwart

Wertschätzung muss regelmäßig gezeigt werden, um den "Tank der Gefühle" der Mitarbeiter aufzufüllen

Anerkennung und Wertschätzung sind unzweifelhaft die wichtigsten Aspekte der Arbeitszufriedenheit am Arbeitsplatz.

Gary Chapman zeichnet in seinem Buch, „Die 5 Sprachen der Liebe“ ein, wie ich finde, ebenso schönes wie passendes Bild unseres Innenlebens: Er schreibt, in jedem Menschen befände sich ein „Tank der Gefühle, der [regelmäßig] gefüllt werden muss.“ Am besten natürlich mit positiven Gefühlen 😉

Ist der  Tank leer und er wird nicht auf positive Weise neu „betankt“, versucht man, ihn auf andere Weise zu füllen. Kinder zum Beispiel durch Verhaltensauffälligkeiten, Liebespaare durch Streitereien und Mitarbeiter durch Nörgelei, Dienst nach Vorschrift oder unmäßigen Forderungen.

Der/ die Vorgesetzte ist also in dem Sinne dafür verantwortlich, diesen Tank der Gefühle im Berufsleben immer wieder aufzufüllen. Tut er das nicht, wird er den Mitarbeiter mittel- bis langfristig verlieren.

Wie eine Führungskraft die Sprache herausfindet, in der er den Mitarbeiter motivieren kann, erkläre ich in den verschiedenen Blogbeiträgen:

  • Lob und Komplimente – „Words of Affirmation“
  • Ungeteilte Aufmerksamkeit und tiefe Gespräche – „Quality Time“
  • Geschenke, die von Herzen kommen – „Tangible Gifts“
  • Hilfsbereitschaft und Unterstützung – „Acts of Service“
  • Körperlicher Kontakt – „Physical Touch“
  • Vertrauen und Zutrauen – „Empowerment“

Hast Du schon Erfahrungen mit dem Konzept gesammelt oder hast kritische Anmerkungen dazu? Dann kommentiere hier oder schreib mir unter susanne.hencke@hrkreativ.com